Erholung statt Familienstress im Urlaub
Ferienzeit = Familienzeit = Familienstreit? Wir sehnen uns oft ein ganze Jahr danach endlich in den Urlaub zu fahren, nur um dann festzustellen, dass am Urlaubsort der Streit bereits auf uns wartet. Woran liegt das – und viel wichtiger: Wie geht es anders?
Die Gründe für den Familienstreit im Urlaub sind vielfältig, ganz grundlegend würde ich sagen: Wer den Stress miteinpackt, darf sich nicht wundern, wenn er ihn am Urlaubsort wieder auspackt. Das heißt Familien, die eh schon dauergestresst sind, laufen eher Gefahr, dass auch im Urlaub Stress und Streit sie begleitet. Das soll keine Vorwurf sein, ich habe wirklich viel Mitgefühl mit Familien – denn die haben heutzutage einfach viel zu schultern …
Viele Gründe für Stress im Urlaub …
Gerade wenn der berufliche und familiäre Alltag stressig ist, sehnen wir uns nach Erholung. Dann sparen wir uns quasi unser Bedürfnis nach Ruhe, Stille und Harmonie für den Urlaub auf. Nach dem Motto: Jetzt beiße ich die Zähen zusammen– bald kann ich entspannen. Das kreiert jedoch zwei Probleme: Zum einen ändern wir nichts am grundlegenden Stressmodell, was uns langfristig schaden kann, und zum anderen bauen wir so hohe Erwartungen auf, die uns kurzfristig den Urlaub versauen können.
Hohe Erwartungen
In den hohen Erwartungen, dass im Urlaub alles anders wird, liegt eine Gefahr: Wenn wir als Eltern nicht etwas anders machen, kann uns das Ganze um die Ohren fliegen – der angestaute Stress plus die Erwartungen. Kinder können sehr sensible auf Erwartungen reagieren. Dass sie so sein sollen und nicht so, wie sie gerade sind, bedeutet für sie nämlich Stress und schon fliegen die Fetzen …
Das Gleiche machen oder zu viel …
Wer ein durchgetaktes Leben führt und diese hohe Schlagzahl mit in den Urlaub nimmt, darf sich nicht wundern, wenn die Erholung ausbleibt. Wir Menschen regenerieren jeden Tag im Schlaf, im Nichtstun. Genauso brauchen wir auch im Jahresrhythmus das Nichtstun. Deswegen plädiere ich für Pause machen– das heißt nicht, dass ich unbedingt den ganzen Tag verschlafen muss (auch wenn das für den ein oder anderen wirklich angebracht ist). Pause machen heißt, etwas anders zu machen. Das bisherige Tun zu unterbrechen.
Zeit für ungeklärte Konflikte und Gefühle
Doch selbst wenn es mir gelingt, den Urlaub nicht zu überfrachten und als Pause einzurichten, knallt es in manchen Familien. Manchmal liegt das schlicht daran, dass jetzt Zeit für alles das ist, für das bisher keine Zeit war. Das können leider auch ungeklärte Konflikte oder angestaute Gefühle sein. Manchmal fällt von uns schlicht die Last des Alltags ab. Das kann uns erschöpfen. So wie manche am Samstag Kopfschmerzen bekommen oder erst in den Ferien krank werden. Bis dahin hatten wir uns ja zusammengerissen …
Wenn das Zusammensein ungewohnt ist …
In Familien, in denen sehr viel gearbeitet wird und Kinder und Eltern sich nur selten sehen, kann noch eine andere Herausforderung dazu kommen: Die Familie ist es unter Umständen gar nicht gewohnt so viel Zeit miteinander zu verbringen. Je dichter dieses Zusammensein im Urlaub jetzt wird – und auch noch harmonisch und erholsam verlaufen soll, desto eher knallt es. Was tun?
3 Lösungsansätze für harmonische Urlaube
Die Lösungen klangen natürlich ein stückweit schon in der Beschreibung der Ursachen an. Ich empfehle im Wesentlichen drei Ansätze:
- Etwas anders machen
- Weniger machen
- Für jeden sorgen
Anders machen
Der große Paul Watzlawick sagte schon, dass „mehr desselben“ das Problem zementiert statt zu lösen. Wer dazu neigt, viel zu machen, zu organisieren und zu erreichen, könnte vielleicht mal probieren dieses Tun loszulassen. Am Beispiel eines Besuchs in Paris könnte das heißen, statt möglichst viele „wichtige“ Sehenswürdigkeiten wie den Eifelturm oder den Louvre abzuhaken, sich einfach mal treiben zu lassen: An der Seine spazieren gehen und sich spontan in ein Café setzen.
Wenn weniger mehr ist
Oder direkt auf den Abstecher in die große Stadt verzichten und lieber einen Tag mehr am Strand verbringen. Die Zahl der Ausflüge reduzieren. Sich mehr Zeit lassenfür ganz grundlegende Dinge wie Einkaufen, Kochen und gemeinsam Essen.
Der Urlaub soll die schönste Zeit des Jahres sein – eigentlich. Nicht selten gibt es jedoch Zoff.
Es ist oben schon mal angeklungen, aber ich betone es hier nochmal: Weniger Erwartungen bedeuten häufig auch mehr Harmonie. Dazu kann es tatsächlich hilfreich sein, sich erst einmal von der Vorstellung eines harmonischen Urlaubs zu verabschieden. Hört sich paradox an. Also den Streit miteinzukalkulieren. Wenn nämlich gestritten werden darf, entspannt das gerade Kinder. Denn jetzt müssen sie gar nicht „lieb“ sein. Und entspannte Kinder fördern die Harmonie ungemein …
Für jeden sorgen
Gerade bei Familien ist es hilfreich, wenn die Bedürfnisse von allen erfüllt werden: Weder dient es der Harmonie, wenn die Eltern ihr Programm durchziehen und die Kinder gegen ihren Willen mitschleifen. Noch können die Eltern entspannen, wenn sich alles nur um die Wünsche der Kinder dreht. Ich finde es wichtig und richtig, wenn für jeden etwas dabei ist: Mama wünscht sich einen Museumsbesuch? Papa einen Vormittag im Liegestuhl? Die Tochter einen Tag planschen im See? Wie kann für alle gesorgt werden?
In diesem Sinne wünsche ich euch einen wundervollen, entspannten Urlaub – mit nicht zu viel Harmonie ;-)!
PS: Die Bilder sind 2016 auf Kreta entstanden – traumhafter Ort.
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