#Eltern-Gedöns Episode #016

Wütendes Kind in der Trotzphase / Autonomiephase: Was tun? | Eltern-Gedöns-Podcast mit Christopher End

Was tun mit einem wütenden Kind?

Wenn Kinder wüten oder trotzen, sind auch Eltern schnell verzweifelt oder wütend. Was hilft dann? Was besser hilft als Strafen wie ein Auszeit für das Kind. Wie Eltern ihre Kinder in dieser fordernden Zeit begleiten können, so dass das Kind lernt mit seinen Gefühlen umzugehen, erkläre ich in diesem 5-Minuten-Solo-Tipp.

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In dieser Folge beantworte ich die Frage einer Hörerin. Sie schreibt:

„Henry* (3) wird in verschiedenen Situationen sehr wütend und das steigert sich dann auch in körperlicher Form, also er haut und wirft Sachen umher. Ich werde des Öfteren in der Kita von den Erziehern angesprochen oder besser gesagt, darüber informert, dass er dort auch das Verhalten hat.

Er wirft mit Steinen und Stöckern, er geht andere Kinder an wenn in seiner Wahrnehmung irgendetwas störend ist. Und hier zu Hause nimmt es dann Züge an, dass er seine große Schwester (6) bei den unterschiedlichsten Situationen haut, auch mal an den Harren zieht, kneift und wütend ist. Gesteigert wird das auch noch, dass ich feststelle, dass er das auch teilweise grundlos (in meiner Wahrnehmung) tut. Also eher provozieren möchte.

Wir haben hier zu Hause die Regel mit ihm, wenn er übergriffig wird, muss er raus in die Diele und dort auf der Dielenbank eine Auszeit nehmen.

Wie umgehen mit Wut?

Kurz zur Einleitung: Ein wütender, schreiender Dreijähriger – das hört sich für mich nach einem Kind an, das in der Autonomiephase steckt. Die Autonomiephase kann vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr dauern. Sie ist herausfordernd für Kind UND Eltern! (Ausführlicher dazu in diesem Artikel– und wieso das nicht mehr Trotzphase heißt) Mir helfen dabei drei Dinge:

  1. Wissen, was beim Kind passiert
  2. Methoden, um mit einem Wutanfall umzugehen
  3. Der Blick auf mich

1. Was passiert bei dem Kind während der Autonomiephase?

Kinder kommen in der Autonomiephase häufig an ihre Grenzen – und sind entsprechend oft enttäuscht, traurig oder wütend. Hilfreich zu wissen: Sie können meist noch nicht zu jeder Zeit ihre Gefühle alleine regulieren. Und die Gefühle von Frust, Wut und Enttäuschung sind in diesem Alter wirklich groß! Auch die Neurobiologie unterstreicht diese Erkenntnis: Der Bereich im Gehirn, der die Gefühle bewusst regulieren kann, bildet sich während der Kindheit erst heraus. Das heißt: Das Kind kann gar nicht anders. Es wird regelrecht von den Gefühlen überschwemmt. Dieses Wissen hat mir zumindest einen völlig neuen Blick auf das schreiend Kind gegeben, das vor mir zusammenbrach.

2. Sofort-Hilfe bei Gefühlsausbrüchen

Bei schreienden Babys handelnd die meisten von uns intuitiv: Sie nehmen den Säugling auf den Arm, wiegen ihn und sprechen beruhigend auf ihn ein. Dann überlegen wir, was das Kind gerade braucht, welches Bedürfnis es hat (Hunger, Nähe, Wärme etc.). Nicht anders gehen wir vor, wenn ein Kind völlig überfordert ist und in der Autonomiephase zusammenbricht. Nur weil das Kind laufen und sprechen kann, heißt das nicht, dass es seine Gefühle regulieren kann. Manchmal gelingt es ihm, sich zusammenzureißen (z.B. tagsüber im Kindergarten), manchmal gelingt ihm das nicht. In diesen Momenten der Verzweiflung braucht das Kind unseren Halt, Zuwendung und unsere Nähe.

Das Kind ernst zu nehmen, ist der erste Schritt. Seine Gefühle zu spiegeln ein weiterer. Das geht, indem wir einfach das Gefühl benennen, das wir beim Kind vermuten: „Du bist gerade wütend.“ Wenn wir dabei die Stimme ruhiger werden lassen, erhält auch das Kind die Chance ruhiger zu werden. Weniger Worte helfen. Denn wenn das Kind einen Wutanfall durchlebt, sind die Bereich des Gehirns heruntergefahren, die sich mit Logik und komplizierten Satzstrukturen befassen können. Nähe und Berührung können helfen – manche Kinder können allerdings es nicht vertragen,  wenn sie in den Arm genommen werden, während sie wütend sind. Da hilft nur ausprobieren.

Lösung finden oder Streit klären

Erst wenn sich das Kind beruhigt hat, klären wir die eigentliche Herausforderung oder den Anlass – falls das noch nötig ist.

3. Was macht die Wut des Kindes mit mir?

Zum Schluss finde ich es für mich sehr aufschlussreich zu sehen, was die Wut des Kindes mit mir macht! Bin ich entspannt, während das Kind sich schreiend auf dem Boden wälzt oder sogar nach mir schlägt? Oder werde ich selbst wütend, frustriert? Schäme ich mich, wenn „mir“ das in der Öffentlichkeit passiert – oder vor Freunden, Verwandten, gar den eigenen (Schwieger-)Eltern? Diese Antworten sind für mich wichtig. So kann ich erkennen, was bei mir noch an „unerledigter Arbeit“ liegt.

Es ist die Chance, mir meine Themen anzuschauen. Und wenn ich mir das anschaue, besteht die große Möglichkeit, dass ich mich besser verstehe, liebevoller mit mir umgehen kann – und dann auch wieder mit dem Kind. Insofern ist die Autonomiephase nicht nur eine Zeit, in der das Kind geradezu Unglaubliches lernt, sondern in der auch die Eltern noch geradezu Unglaubliches lernen können.

* Namen geändert