Schulstress – Lehrer oder Eltern verantwortlich? Was statt der Schuldfrage hilft
Die Frage, wer schuld hat am Stress von Schülerinnen und Schüler, gleicht dem Henne-Ei-Problem. Das Tolle: Im Fall Schulstress kommen noch viel mehr zum Zuge. Wir Eltern können den Schwarzen Peter den Lehrerinnen und Lehrern in die Schuhe schieben. Die geben ihn weiter an die Politik. Diese verweist auf die PISA-Studie oder die Wirtschaft. So haben alle etwas zu tun – sie können meckern.
Das Meckern oder die Suche nach dem Schuldigen 1 ändert allerdings nichts an der Situation, sondern höchstens an der Stimmung und der Motivation aller Beteiligten. Leider nicht zum Guten. Deswegen ist die Schuldfrage eher hinderlich als hilfreich, wenn es um die Suche nach Lösungen geht.
Schulstress: Probleme über Probleme
Wenn ich auf das Problem schaue, dann verstärke ich das Problem. Es rückt noch mehr in den Fokus. Damit meine ich nicht, dass ich generell die Augen vor Problemen verschließen soll. Ganz im Gegenteil. Es ist wichtig zu spüren, was mich ärgert oder stört. Aber es ist nur der erste Schritt.
Perspektivwechsel: Was will ich? Und wie komm ich dahin?
Der zweite Schritt ist den Fokus auf die Lösung zu richten. Dabei hilft es den als Problem empfundenen Zustand ins Gegenteil umzuformulieren. Im Falle von gestressten Kindern an der Schule, sage ich also: Wie gelingt es mir, dass meine Kinder in schulischen Belangen weniger gestresst sind? Oder positiv formuliert: Ich möchte, dass meine Kinder entspannter sind. Und: Wie gelingt mir das?
Einwand: Bleibt ja alles beim Alten
„Aber das Problem ändert sich ja nicht“, ist ein häufiger Einwand, den ich höre. Das stimmt. Das G8-System (Abitur nach acht Jahren) oder den Lehrer, den ich als streng empfinde, sind immer noch da. Nur sind das Elemente, auf die wenig oder gar keinen Einfluss habe. Und selbst wenn ich im Außen etwas ändern, ist damit unter Umständen nicht viel erreicht: Angenommen mein Kind wechselt also die Schule oder Schulform, dann kann mir auch in der nächsten Schule ein strenger Lehrer begegnen. Das eigentliche Problem bleibt bestehen.
Gott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Reinhold Niebuhr
Einwand: Schönrederei
„Das ist doch nur Schönfärberei“, mag der ein oder die andere einwenden. Ja, das stimmt sogar auf eine Weise. Lösungsorientiertes Denken ist die Fähigkeit, sich vom Problemdenken zu lösen. Darin ähnelte es dem Reframing, bei dem ich etwas Bestehendem einen neuen Bedeutungsrahmen verleihe. Das Tolle: Es ändert etwas an der Art, wie ich mit der Umwelt umgehe. Ich reagiere dann anders auf das, was bisher als problematisch erlebt wurde.
Vorteil Lösungsorientierung: Es tut gut
Durch Lösungsorientierung komme ich aus dem Problemdenken. Das ist erstens vor allem ein Wechsel auf der Gefühlsebene. Ich empfinde die Situation nicht mehr als so problematisch, da ich mich mehr mit der Lösung beschäftige. Es ist wie, wenn mein Arbeitsvertrag ausläuft: Ich kann die Gefahr der Arbeitslosigkeit sehen oder die Möglichkeit eine tolle neue Stelle zu finden.
Vorteil Lösungsorientierung: Es funktioniert
Zweitens komme ich durch das lösungsorientierte Denken viel eher und schneller zu für mich passenden Lösungen. Wenn ich mich über das G8-System aufrege, dann gleitet das schnell in eine politische Abrechnung ab: „Wie konnten die da oben nur so etwas machen?“ Ich kann dann eine Stunde oder länger diskutieren und mich beklagen – nur hat sich danach nichts geändert. Die Alternative: Ich suche in dieser Zeit nach Lösungen.
Fazit: Schulstress lösen in der Familie
Wer hat Schuld am Schulstress? Die Schuldfrage führt nur zu noch mehr Stress – und wenn es nur Sie als Eltern sind, die sich aufregen. Mein Tipp: Fangen Sie im Kleinen an nach Lösungen zu suchen. Bei sich in der Familie. Sie stärken damit Ihre Fähigkeiten Lösungen zu finden und die Fähigkeiten Ihres Kindes mit Schwierigkeiten im Leben umzugehen. Und das ist, so finde ich, doch schon etwas ganz Großes.