• In 3 Schritten mit dem Schimpfen aufhören

Eltern-Gedöns Episode #EG322

Schimpfen ist so ein alltäglicher Teil unserer Erziehungs-Kultur, für manche mag es sich deshalb seltsam anfühlen, darauf zu verzichten. Dabei ist klar: Schimpfen kann die Eltern-Kind-Beziehung und das Kind in seiner Entwicklung beeinträchtigen. Doch einfach nur den Entschluss zu fassen mit dem Schimpfen aufzuhören, funktioniert für viele Eltern nicht. Wie es anders gehen kann, erkläre ich in dieser Folge.

Deshalb ist es so schwierig mit dem Schimpfen aufzuhören

Wie schon am Anfang erwähnt kann Schimpfen schädlich sein für dein Kind, für eure Beziehung. Ja, es belastet die Eltern-Kind-Beziehung und es kann den Selbstwert des Kindes belasten.

Nur leider ist es nicht ganz so einfach das Schimpfen sein zu lassen.

„Ich höre auf zu schimpfen“ ist schneller gesagt als getan. Aus mehreren Gründen:

Zum einen haben viele von uns es nicht anders gelernt und unter Stress greift unser Gehirn nun mal auf altbekannte Muster zurück. Und wenn ich in meiner Kindheit viel geschimpft worden bin und stehe nun als Elternteil selbst unter Stress,  dann greift quasi im Stress mein Autoprogramm  ein – und das beginnt zu schimpfen.

Das bedeutet, diese „Ich nehme das jetzt vor, ich stelle mir jetzt das vor“ sind alles nette Dinge, aber die funktionieren nicht, wenn da drunter etwas anderes arbeitet.

Aufs Schimpfen verzichten heißt nicht, auf Konflikte zu verzichten! Oder anders ausgedrückt: auf Schimpfen zu verzichten heißt nicht, darauf zu verzichten, meine Grenze und die Grenze von anderen zu wahren.

Das ist mein Job als Eltern: meine Grenze zu wahren und die Grenze von anderen.

Ich sehe das leider häufig, dass der beziehungsorientierte Ansatz, der bindungsorientierte, der bedürfnisorientierte Ansatz, quasi umschlägt ins Überbehütende.

Und das ist ungünstig.

Dann erfüllen wir zwar die Bedürfnisse des Kindes, schützen aber nicht unsere eigenen Grenzen und die Grenzen von anderen Menschen!

Das ist aber etwas, was das Kind lernen darf, und das lernt es in unserer Beziehung.

Es lernt es, indem wir im Sandkasten einschreiten und sagen: „Nein, nicht die Schippe auf den Kopf hauen, das tut Julian weh.“

Und es kann sein, dass das Kind es noch nicht versteht und sich noch nicht in das andere Kind hineinversetzen kann. Dennoch greifen wir ein und schützenganz konkret das andere Kind.

Das ist mir sehr wichtig, das ist Teil unseres Jobs.

Der Unterschied zwischen Autoritär, Überbehütet und Beziehungsorientiert

Am Beispiel mit den Konflikten und dem Schimpfen und dem Grenzensetzen wird leicht klar, was der Unterschied ist zwischen autoritärem, überbehütendem und beziehungsorientiertem Erziehen.

Die Autoritären sind sehr gut im Grenzen setzen. Allerdings machen die das sehr hart: Sie drohen, sie schüchtern ein, sie strafen, sie werten das Kind ab.

Die Überbehütenden gehen in die andere Richtung. Aus der Erfahrung, dass ihnen das geschadet hat, wie hart ihre Eltern die Grenzen gesetzt haben, wie sie bestraft wurden, dass sie aufs Zimmer geschickt wurden und so weiter und so fort. Aus dieser Erfahrung heraus gehen viele Eltern hin und achten jetzt auf die Bedürfnisse des Kindes und das auch sehr liebevoll. Das können die gut. Was fehlt sind dann die Leitplanken, der Moment, wo die Erwachsenen die Führung übernehmen. Oder dass die Grenzen udn Bedürfnisse der Eltern berücksichtig werden.

Das Beziehungsorientierte kombiniert beides: es kann Grenzen setzen und kann diese Grenze liebevoll setzen und die Bedürfnisse des Kindes sehen und dabei und die eigenen Bedürfnisse sehen und das vermitteln. Aber das geht nicht ohne Herausforderung, ohne Konflikt,. Herausforderung und Konflikt sind Teil des Lebens.

Wenn unser Kind ein starke Beziehung hat, auf die es bauen kann, kann es auch diese Herausforderung meistern.

Der erste Schritt: Was ist da los?

Du hast verstanden, dass Schimpfen nicht gut ist. Du weißt, gleichzeitig Grenzensetzen und Konflikte sind Teil des Lebens und trotzdem rutscht du immer wieder in dieses Schimpfen?!

Dann wäre der erste Schritt, dir das anzugucken, was da passiert, was ist der Auslöser oder Trigger für deine Gefühle und dein Verhalten?

Das können Glaubenssätze sein, die bei dir aktiv sind.

Das kann auch die eigene Geschichte sein, die eigene Erfahrung, dass zum Beispiel du in einer ähnlichen Situation warst, dass mit dir geschimpft wurde und so weiter und so fort.

Das ist eine Einladung, da wirklich reinzuschauen und zu überlegen: Woran liegt es und wie kann es anders gehen?

Und diese Fragen „Was war da eigentlich?“ und „Was geschieht da eigentlich in mir?“, ist ein wertvoller erster Schritt.

Den kann man alleine machen.

Allerdings geht es meistens schneller mit jemandem, der dich dabei begleitet. Jemand, der ausgebildet ist, sich sowas anzuschauen und dir einen Raum geben kann, dass du es erforschen kannst und dann drehen kannst für dich. (Genau das mache ich mit dir in meinem Programm „Drachen bändigen“) Das ist der erste Schritt

Der zweite Schritt: mich beruhigen

Der zweite Schritt findet in der Situation statt, wenn du deinen Trigger, deinen Auslöser verstanden hast und da vielleicht auch schon einen anderen Umgang mitgefunden hast:

In dieser für dich herausfordernden Situation ziehst du (!) dich erstmal raus, wenn du merkst, es kocht hoch. Das ist der Moment, wo du zu dir schaust!

Du verbindest dich mit dir.

Vielleicht war es eine Geschichte aus deiner Kindheit, so dass du sagst, „Ah, okay, der kleine Christopher ist gerade aktiviert. Kann ich mich mit mir verbinden, kann ich für mich sorgen, für mein inneres Kind sorgen und mich auch so ein Stück weit regulieren?!“

Das ist die Voraussetzung für den letzten und dritten Schritt.

Der dritte Schritt: gemeinsam Lösungen finden

Der letzte Schritt ist: Mich wieder mit dem Kind zu verbinden.

Das hat ja irgendetwas gemacht, wo es einen Konflikt gibt, wo ich sonst angefangen hätte zu schimpfen.

Und jetzt verbinde ich mich mit dem Kind, um das Kind zu beruhigen!

Erst danach suchen wir gemeinsam nach einer Lösung.

Und es kann gut sein, dass ich Alternativen anbiete, Handlungsalternativen anbiete, weil das dem Kind im Stressmodus oft nicht möglich ist.

Das Kind braucht also zuerst meine Koregulation, um sich zu beruhigen.

Und dann braucht das Kind eventuell auch noch Handlungsoptionen von mir. Weil Kinder sich – bei großen Gefühlen – häufig an etwas festbeißen.

Sie wollen es dann genauso , wie sie es sich vorgestellt haben.

Und da kommen wir ins Spiel und können Möglichkeiten und Alternativen aufzeigen.

Foto: Mona Dadari

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