Alaaf, Helau & Ahoi: So überstehst du Karneval mit (kleinen) Kindern

Karneval, Fasching oder Fastnacht – viele freuen sich auf die tollen Tagen. Doch verkleidete Menschen, Umzüge mit lauter Musik oder Betrunkene, das ist für einige Kinder einfach zu viel. Mit den folgenden Tipps können Sie auch mit kleinen Kindern Karneval feiern und genießen.

Wie viel Spielzeug ist sinnvoll?

Bild: Regal voller Spielzeug. Text: Wie viel Spielzeug ist sinnvoll?Fördert Spielzeug die Fähigkeiten meines Kindes oder blockiert es seine Fantasie? Was mach ich, wenn das Kinderzimmer vor Zeug überquillt? Was miste ich aus – und darf ich das ungefragt? Oder muss ich das Kind fragen? Hilfe und Tipps zur Spielzeugflut.

Am Spielzeug scheiden sich die Geister. „Ich hasse Spielzeuge. Spielzeug ist eine Plage“, schreibt Tom Hodgkinson in dem lesenswerten Buch Leitfaden für faule Eltern. Auch wer nicht so weit geht, steht mitunter hilflos von der Spielzeugflut im Kinderzimmer.

Ist Spielzeug überhaupt sinnvoll?

Ich bin überzeugt Kinder brauchen kein Spielzeug. Zumindest kein gekauftes Spielzeug. Kinder brauchen hingegen Raum und Zeit zu spielen. Kinder brauchen Menschen, die mit ihnen spielen. Spielen ist lernen.

 

So hängen spielen und lernen zusammen

Beim Thema Lernen denken viele erstmal an die Schule. Dieses Lernen durch Unterweisung durch andere ist tatsächlich wichtig und bedeutsam für den Menschen. Dennoch gibt es zwei weitere Arten des Lernens, die häufig vergessen werden.

Es sind die Lernarten, die sich vor allem im Spiel zeigen: Erstens das soziale Lernen, bei dem Kinder im Rollenspiel Verhalten nachahmen. Und zweitens das objektorientierte Lernen, bei dem Kinder mit Gegenständen spielen. Bei beiden Arten des Spiels können Kinder Spielzeug verwenden – müssen sie aber nicht!

„In uns allen gibt es einen angeborenen heiligen Glauben an die Ernsthaftigkeit des Spiels, welcher leider oft von Erwachsenen kaputt gemacht wird, die nicht verstehen, dass Spiel immanent für das Lernen ist“

Katja Seide, gewuenschtestes-wunschkind.de

 

Bild: Stifte. TExt: Was hilft gegen die Spielzeugflut?

Toll sind Geschenke, die sich verbrauchen – wie Stifte, Kreide, Bastelmaterialien, Luftballons oder Seifenblasen.

Zeug zum Spielen versus Spielzeug

Eltern von Kleinkindern kennen das: Das teure Spielzeug zum Stecken und Bauen steht ungenutzt im Kinderzimmer, während das Kind hingebungsvoll die Küchenschubladen ausräumt.

Das erste Missverständnis ist das Kinderzimmer: Die wenigsten kleinen Kinder wollen allein in ihrem Zimmer hocken. Kinder lieben es bei ihren Eltern zu sein: „Wenn Mama oder Papa in der Küche sind, dann will ich natürlich bei ihnen sein!“

Das zweite Missverständnis: Kinder wollen das machen, was die Großen machen. Und sie wollen es richtig machen. Deswegen lieben sie es mit echten Töpfen, Dosen und Löffeln zu spielen. Unsere fünfjährige Tochter wünscht sich daher zu Weihnachten einen echten Arztkoffer – mit allen echten Dingen, die eine echte Ärztin braucht.

„Things that stop your dreaming“

Passenger

 

Die Lösung: komplett spielzeugfrei? Kampf dem Kommerz?

Tom Hodgkinson geht so weit und sagt: „Je weniger Spielzeug, desto besser. So wird Ihr Kind unverdorben und reich an Fantasie sein.“ Also besser überhaupt kein Spielzeug? Ich find das eine sehr weitgehende Forderung – und daher anstrengend.

Der Wert von Spielzeug

Ja, Kinder brauchen kein Spielzeug und ja, Kinder brauchen Gegenstände zum Lernen. Es ist aber völlig okay, wenn diese Gegenstände – „zufällig“ – Spielzeug sind. Das heißt Spielzeug ist nicht per se „schlecht“. Sehr kleine Kinder möchten zum Beispiel möglichst verschiedene Gegenstände in den Mund nehmen. Remo Largo sagt: „Jeder ungefährliche Gegenstand, für den sich ein Kind interessiert, ist daher ein Spielzeug.“

Welche Art von Spielzeug ist denn nun sinnvoll?

Welches Spielzeug für welches Kind sinnvoll ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Es hängt ganz einfach vom Kind ab. Kinder sind unterschiedlich. Selbst gleichaltrige Kinder weisen meist einen völlig unterschiedlichen Entwicklungsstand auf. Welches Spielzeug für Ihr Kind gerade wichtig ist, zeigt das Kind selbst sehr deutlich: Damit beschäftigt es sich gerade.

Lernspielzeug: Oder wie fördere ich mein Kind?

„Fördern ist das Schlimmste, das man machen kann“, sagt der Hirnforscher Gerald Hüther. Das mag provokant sein, trifft aber den Punkt. Das Kind entscheidet, wann es sich entwickelt. Und das heißt in der kindlichen Welt, wann es was spielerisch erforscht.

Da ich die Diskussion ums Fördern gerade letztens wieder hatte: Ja, Sie können dem Kind etwas anbieten. Aber das Kind entscheidet, ob es schon so weit ist. Und nein, Sie können nicht die Entwicklung beschleunigen. Sie können nicht bestimmen, wann Ihr Kind anfängt zu sprechen, zu laufen oder zu schreiben. Das entscheidet ihr Kind.

Was kann ich denn als Eltern überhaupt noch tun?

Ist die Rolle der Eltern dann überflüssig? Ist es völlig egal, was ich an Spielzeug kaufe? Nein, natürlich nicht. Ihre Aufgabe ist es, meines Erachtens, ihr Kind zu begleiten. Das heißt es aufmerksam zu beobachten. Wenn Sie sehen, dass ihr Kind mit einem Spiel „durch“ ist, dann können Sie ihm etwas Neues anbieten.

„Spielzeug bedeutet die Umwandlung von Spiel in Ware“

Tom Hodgkinson

 

Foto: Ärztliche Instrumente. Text: Was Kinder wirklich spielen wollen?

Unsere Tochter wünscht sich zu Weihnachten „echte Arztsachen“ – Kinder wollen am Leben der Erwachsenen teilhaben.

Was ist mit pädagogisch wertvollem Spielzeug?

Dem kindlichen Gehirn ist es völlig egal, ob es ein teures ergonomisch durchdachtes Greifspielzeug eines Markenherstellers bekommt oder einen billigen Löffel vom Ein-Euro-Shop. Es will eine Form erkunden, mit Mund, Fingern und Augen.

Wahrscheinlich ist der Löffel für das Baby viel spannender, da es ein Gegenstand ist, den auch Mama und Papa benutzen. Im Gegensatz zu dem ergonomisch durchdachten Greifspielzeug, das die Eltern so gut wie nie verwenden ;-). Aber genug der Spielzeugschelte: Für das Kind ist vor allem wichtig, dass es überhaupt eine Form erkunden darf.

Wie viel Spielzeug darf ein Kind maximal haben?

Um die Frage nach dem „Wie viel?“ zu beantworten, gibt es meines Erachtens nur zwei Instanzen, die Sie bemühen dürfen: Sich selbst und Ihr Kind. Wie viel ist denn für Sie okay? Wann ist es Ihnen zu viel? Und wie sieht das mit Ihrem Kind aus? Kann es diese Menge bewältigen?

Darf Spielzeug in jedem Raum der Wohnung sein?

Auch bei der Frage, ob Spielzeug sich in der ganzen Wohnung verteilen darf, ist Ihre Meinung gefragt! Bei uns findet sich tatsächlich in jedem Zimmer Spielzeug. Das ist für uns okay, denn wir wohnen alle in der Wohnung.

Spielzeug ist nun mal der Stempel, den unsere Kinder der Wohnung aufdrücken. Selbst im Bad steht ein Playmobil-Schiff samt Besatzung – aber halt auch nur ein Schiff. Das ist meine Grenze. Die anderen Schiffe müssen, nachdem sie die gefährliche Badewannen-See durchmessen haben, wieder zurück ins Trockendock.

Ausmisten? Wenn ja, wie?

Ausmisten halte ich für sinnvoll. Wer kein riesiges Haus sein eigen nennt, wird da schon platztechnisch zu gezwungen. Dinge auszusortieren und wegzugeben ist in meinen Augen eine wertvolle Lektion: Es lehrt, dass materielle Werte nicht so wichtig sind.

Ausmisten: Die Kinder fragen?

Kleine Kinder sind in der Regel überfordert auszuwählen, was raus oder in den Keller soll. Und solange Kinder „meins“ oder „deins“ noch nicht unterscheiden können, ist die Frage eh überflüssig: Das Kind betrachtet einfach alles als „seins“.

Es macht allerdings ein Unterschied, ob ich die Holzeisenbahn einfach nur ungefragt im Keller oder auf dem Speicher „parke“ oder sie gleich verschenke. Mit größeren Kindern geht das Auswählen schon eher. Sie verstehen, dass die Sachen nur für eine Weile aus dem Kinderzimmer verschwinden.

Größere Kinder schätzen es, wenn sie gefragt werden. Wenn sie selber auswählen dürfen. Trotzdem kann das gerade bei den ersten Malen noch schwierig sein. Haben Sie Geduld und helfen Sie Ihren Kindern.

Bild: Kiste voller Spielzeug. Text: Spielzeug: Wie miste ich aus?

Systemspielzeug wie Lego überzeugt nicht nur beim Spielen (unterschiedliche Produkte können immer wieder frei und neu kombiniert werden), sondern auch beim Ausmisten: Das Spielzeug ist begeht und leicht zu verkaufen.

 

Was tun mit dem alten Zeug?

Auch wenn ich dafür bin, nicht zu sehr an materiellen Dingen zu hängen – einen gewissen Respekt vor Dingen finde ich wichtig. Also bevor Sie Spielzeug wegwerfen, geben Sie es doch weiter, also verschenken Sie es oder verkaufen es. Unser Sohn breitet regelmäßig eine Decke vor dem Haus aus und verkauft alte Bücher oder abgelegtes Spielzeug. Übrigens verkauft er auch unsere Bücher – gegen eine Provision, versteht sich.

Wenn das Kinderherz an Dingen hängt

Wichtig ist zu sehen, wenn Kinder an etwas besonders hängen. Manche Kinder brauchen etwas, an dem sie sich im wahrsten Sinne des Wortes festhalten können: Das Schnuffeltuch oder der Lieblings-Teddy. Diese Dinge helfen Kindern den Übergang von den nahen Bezugspersonen zur Selbständigkeit zu schaffen. Sie heißen deswegen Übergangsobjekte. Sie vermitteln Kindern Sicherheit und Geborgenheit.

Daher: Lassen Sie Herzensdinge wie Lieblings-Teddy oder –Puppe unbedingt den Kindern!

Müssen Bücher aussortiert werden?

Kinder brauchen keine Bücher – und das sage ich als Buchliebhaber. Kinder brauchen Geschichten und Menschen, die ihnen Geschichten erzählen (okay, oder vorlesen). Der Vorteil von Büchern ist, dass das Kind sich die Geschichte selbst erschließen kann. Anfangs erlebt das Kind die Geschichten noch anhand von Bildern nach, später beginnt es selbst zu lesen. Also wenn Sie mich fragen: Ja, geben Sie Ihren Kindern um Himmels Willen Geschichten – auch in Buchform!

Wenn der Platz nicht mehr ausreicht oder Bücher nicht mehr gelesen werden, dann können sie auch weg. Bücher an sich haben keinen Wert. Es kommt darauf an, was darin steckt und wie viel es mir bedeutet.

Viel Spaß beim Ausmisten

So und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Ausmisten – denn die nächste Geschenke-Welle steht ja schon vor der Tür.

Und vergessen Sie bei allem Ausmisten nicht das Wichtigste: Spielen Sie mit Ihren Kindern!

Weiterführende Links

Wer so richtig ausmisten will, findet auf dem Blog Spielzeugfreies Kinderzimmer mehr als genügend Anregungen, Hilfe und Tipps.

In dem ausführlichen Interview auf einerschreitimmer.de erklärt Sonderpädagogin Katja Seide (bloggt selbst auf gewuenschtestes-wunschkind.de) ausführlich, die Entwicklungsphasen im Spiel kleiner Kinder und welche Spielzeuge hilfreich sind.

 

Bücher

Remo H. Largo: Kinderjahre, Die Individualität des Kindes als erzieherische Herausforderung, Piper Verlag GmbH, München, 1999, 2008

Tom Hodgkinson: Leitfaden für faule Eltern, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 2009, 2011

Für Kinder: Weihnachtsgeschichte zum Hören & Lesen

Keine Zeit in der Adventszeit? Geschichten zu hören sind eine gute Möglichkeit zu Ruhe zu kommen. Ich schenke dir eine kleine Weihnachtswichtel-Geschichte – als Hörbuch (MP3).

Im Moment bleiben, wenn die Gedanken kreisen: Mich auf Kinder einlassen

Wie kann ich mich ganz auf mein Kind einlassen? Diese Frage stellte mir letztens ein Vater. Er spürt, wie seine Gedanken abschweifen, wenn er mit seinem Kind zusammen ist. Dabei möchte er sich auf das Kind einlassen. Doch im Kopf plant er schon den nächsten Tag oder ärgert sich über etwas, was passiert ist. Dazu ein paar grundlegende Gedanken und konkrete Tipps.

Nicht bei den Kindern zu sein oder nicht ganz bei der Sache zu sein ist, weit verbreitet. Ich gehe soweit zu sagen: Die meisten von uns sind nicht bei der Sache.

Nebenbei etwas anderes tun – keine gute Idee

Gerade hab ich mich erwischt: Während ich diesen Artikel schrieb, aß ich beiläufig ein paar Haselnüsse. Ich schob mir eine Nuss nach der anderen in den Mund. Die erste Nuss hatte ich noch gar nicht zu Ende gekaut, da kam schon die zweite Nuss. Ich war nicht bei der Sache – zumindest nicht bei der Sache „essen“.

Unsere Aufmerksamkeit zersplittert

Wenn ich mehrere Dinge gleichzeitig tue, ist meine Aufmerksamkeit geteilt. Wir erledigen viele Dinge gleichzeitig. Es muss ja schnell gehen. Damit sind wir nicht allein. Diese Rastlosigkeit ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet: Die morgendlichen 80 neuen WhatsApp-Nachrichten oder E-Mails sind nur die Spitze des Eisbergs. Dass sich unser Leben beschleunigt hat, hat lange vor den digitalen Medien begonnen. Ich will in diesem Text aber nicht nach Ursachen suchen, sondern nach Lösungen.

Tatsache ist: Vielen von uns fällt es schwer im Moment zu bleiben. Den Moment zu genießen und wahrzunehmen. Das Gute ist: Wir könnten das (wieder) lernen!

Wenn meine Gedanken rasen, ich mir Sorgen mache über die Zukunft oder über die Vergangenheit nachdenke, verpasse ich den Moment. Das wird besonders deutlich, wenn ich mit Kindern zusammen leben. Kinder, vor allem sehr kleine Kinder leben im Moment. Sie lassen sich nicht so leicht in ein Korsett aus Plänen pressen – zum Glück!

Kinder kämpfen für den Moment

Unsere Tochter ist fünf, sehr wild, lebenslustig und geht gerne in den Kindergarten. Dennoch gibt es morgens manchmalKnatsch, wenn sie in den Kindergarten muss. An einem bestimmten Punkt muss sie fertig sein, damit meine Frau noch die Bahn bekommt. Und dieses „Muss“, diesen Druck spürt unsere Tochter nur zu gut. Sie sagt dann nein – auf ihre Weise.

Kinder spüren also sehr gut, wenn wir nicht im Moment sind. Und sie spüren, wenn wir sie aus dem Moment rausholen wollen. Kinder sind gute Zeichengeber.

So war es auch bei dem Klienten, wenn er merkte, dass seine Aufmerksamkeit abschweifte. Und wie gut, dass er es merkte. Viel zu oft merken wir es nicht.

Um aus dem Kreisen der Gedanken herauszukommen und wieder in den Moment zu kommen, helfen zwei Dinge: die Gedanken loslassen und sich auf den Moment einlassen. Beides geht Hand in Hand. Wenn das eine erfüllt ist, ist das andere da. Er sind zwei Türen zum selben Zimmer.

Gedanken loslassen

Wie das geht? Die Aufmerksamkeit zu trainieren ist eine Möglichkeit. Meditation bietet sich hier an. Nur: das kann auch gerade der falsche Weg sein. Zumindest am Anfang. Wenn meine Gedanken immerfort kreisen und ich mich still hinsetzen soll, werden meine Gedanken wahrscheinlich weiter kreisen. Meiner Erfahrung nach macht es das nicht leichter. Daher empfehle ich an dieser Stelle erst einmal mehr in den Körper zu gehen.

Den Körper auspowern

Auspowern lautet meine Empfehlung. Viele kennten diese Erfahrung aus dem Sport: Ob ich mit Kopfschmerzen zum Aikido gehe oder mit Sorgen anfange zu joggen, nach einer Weile fällt alles von mir ab! Ich bin im Moment.

Die körperliche Betätigung bringt uns zurück in den Körper. So banal das klingt, so hilfreich ist es dennoch. Nur wie baue ich das in meinen engen Tagesplan ein?

Das 3-Minuten-Mini-Workout

Soll ich immer erste eine Runde joggen gehen oder ins Fitnessstudio, wenn ich mit den Kindern spielen will? Nein und ja: Ich kann mich auch mal kurz auspowern. Beispiel Treppen: Die gibt es in fast jedem Haus – Bungalows mal ausgenommen. Fünf oder notfalls 20 mal die Treppe hoch sprinten, treibt bei den meisten von uns den Plus hoch. Danach sind wir wohlig erschöpft. In diesem Zustand setze ich mich zu meinem Kind und bin ganz da.

Sport und körperliche Betätigung helfen mir loszulassen – sowohl im konkret Moment als auch langfristig. Deswegen mein Tipp: Bewegen Sie sich. Und am besten regelmäßig!

Einlassen auf den Moment – und den anderen

Neben dem Loslassen kann ich auch üben mich einzulassen. Damit meine ich die Aufmerksamkeit zu schulen. Es gibt dazu zahlreiche Übungen. Ich empfehle hier tatsächlich in kleinen Schritten mehr Bewusstheit zu üben – und zu meditieren. Mehr zu Meditation ein anderes Mal.

Bewusst leben – die ersten Schritte

Es geht darum bewusst zu leben. Das heißt: Die Haselnuss, die ich kaue, bewusst zu schmecken. Bewusst spüren, wie die Nuss unter meinen Zähnen birst. Die einzelne Nuss bewusst zu Ende zu kauen. Bewusst zu warten, bis der Mund leer ist, das letzte Nusskrümmelchen verschwunden ist. Bewusst zu spüren, ob ich noch Hunger habe. Bewusst mich zu entscheiden: ich esse weiter oder ich höre auf.

Durch solche kleinen Übungen lerne ich bewusst zu sein. Ich lerne mich auf den Moment und damit auf mein Kind einzulassen.

Lese-Tipps

Daniel Goleman: Konzentriert euch! Eine Anleitung zum modernen Leben.
Der Psychologe Goleman, Autor des Bestseller „EQ. Emotionale Intelligenz“, beschreibt hier, wie die Digitalen Medien unsere Konzentrationsfähigkeit stören und zerstören können. Und: Er gibt grundlegende Ansätze und Lösungsmöglichkeiten.

Lautes Kinderspiel: Wie ich mit Reframing Kreischen etwas Positives abgewinne

Aus jeder Herausforderung machte Pipi Langstrumpf ein Spiel. Ein tolles Vorbild für Kinder und Eltern. Doch wenn meine Kinder am Ende eines langen Tages schreiend durch die Wohnung toben, ist es mit meiner langstrumpfigen Ruhe schnell vorbei. Ist halt nur eine Geschichte? Von wegen – im „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ liegt eine große Weisheit und Fähigkeit. Reframing heißt die Technik, die Coaches und Therapeuten gerne einsetzen – und die Sie auch nutzen können.

Was ist Reframing?

Reframing bedeutet etwas umzudeuten oder um im englischen Sprachbild zu bleiben: einen neuen Rahmen zu schaffen. Oft reicht ein einzelnes Wort, um eine Aussage zu verändern. Aus einem „Ich kann das nicht“ spricht Hoffnungslosigkeit. Ergänzt um das Wort „noch“ wird daraus „ich kann das noch nicht“ und gleich ist die Hoffnung da, es doch irgendwann zu können.

Schreien und Toben: Wenn sich bei Eltern der Frust aufbaut

Nach dem Abendbrot sitzen meine Frau und ich am Tisch und unterhalten uns. Die Kinder spielen. Eigentlich sollten sie Zähneputzen. Und eigentlich sollten sie sich umziehen und eigentlich schon im Bett liegen. Stattdessen spielen sie – oder streiten sie? Auf jeden Fall kreischen und brüllen beide wie am Spieß! Unterm Strich: Ziemlich viel Krach. Zu viel. Ich versteh mein eigenes Wort nicht mehr. Ich werde wütend und denke: „Meine Güte, sind die anstrengend, können die nicht mal Rücksicht nehmen?“

Schreien: Rücksichtslos oder selbstbewusst?

Wenn ich meine Kinder als anstrengend und rücksichtslos sehe, beschreibe ich meine Kinder als defizitär. Ich spüre, dass ihnen etwas fehlt – in dem Fall: Rücksicht. Ich kann das laute Schreien beim Spiel aber auch völlig anders sehen. Sage ich mir: „Wow, wie viel Energie die noch am Ende eines Tages haben!“ schwingt in dem Satz schon Bewunderung mit. Oder wenn ich denke, dass das laute Spielen ja auf ein großes Selbstbewusstsein hinweisen könnte, werde ich vielleicht sogar stolz auf mein Kinder. Ich vertraue ihnen, dass sie auch in Zukunft ihre Interessen kraftvoll durchsetzen können.

Reframing und alles wird gut?

Beim Reframing ändert sich erst einmal nur meine Sichtweise und Bewertung der Situation. Denn nur dadurch, dass ich plötzlich stolz auf meine schreienden Kinder bin, hören die ja nicht auf zu schreien – oder?

Tatsächlich bewirkt mein Perspektivwechsel etwas: Ich gehe nämlich ganz anders auf meine Kinder zu. Es macht – meiner Erfahrung nach – einen himmelweiten Unterschied, ob ich ruhig und stolz mein kreischendes Kind einfange und zu Bett bringe oder ob ich dabei unter Strom stehe. Wie gesagt: Es kann gut sein, dass das Kind noch eine Weile weiterschreit – nur mir fällt es viel leichter, damit umzugehen. Es soll aber auch schon vorgekommen sein, dass das Kind sich schneller beruhigt hat.

Woher kommt Reframing?

Reframing ist eine Technik aus der systemischen Arbeit. In Coaching und in Therapie ist es ein Mittel, um einen Perspektivwechsel einzuleiten. Die gleiche Situation wird plötzlich aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und bewertet: So wird aus dem Quasselkasper ein Kind, dass sich gern und umfangreich mitteilt.

Eine Grundlage des Reframing ist der Konstruktivismus. Paul Watzlawick, einer der Väter des Konstruktivismus in der Therapie, meinte, dass jeder sich seine eigene Wirklichkeit konstruiert. „Aber es ist doch eine Tatsache, dass …“ mag der ein oder andere einwenden und sagen, dass die Wirklichkeit für alle gleich ist. Watzlawick unterschied daher zwischen zwei verschiedenen Wirklichkeiten:

Verschiedene Wirklichkeiten

Wirklichkeiten erster Ordnung sind Wirklichkeiten, die objektiv messbar sind. Also zum Beispiel wie schwer meine Tochter ist. Oder wie lange mein Sohn am Stück geredet hat. Trefflich darüber streiten lässt sich aber, ob es mir zu anstrengend ist meine Tochter in die Luft zu werfen, oder ob mein Sohn zu lange gesprochen. Das alles sind meine persönlichen Erfahrungen und Bewertungen. Oder um mit Watzlawick zu sprechen: Es sind Wirklichkeiten zweiter Ordnung, denn wir erfahren sie subjektiv.

Ein großer Teil unserer Probleme und Herausforderungen liegen im zwischenmenschlichen Bereich und sind damit Wirklichkeiten zweiter Ordnung. Zum Glück: Denn diese sind veränderbar über unsere Wahrnehmung, Einstellung und Kommunikation. Und genau hier setzt Reframing an!

Um das Beispiel vom Anfang wieder aufzugreifen: Die Zeit nach dem Abendbrot erlebten meine Kinder und ich völlig anders! Während ich genervt das Kreischen und Brüllen als rücksichtslos bewertete, erlebten meine Kinder in ihrer Wirklichkeit ein spannendes Abenteuer. In dem war meine Tochter eine edle Prinzessin, die kreischend vor einem brüllenden Schneeungeheuer floh – letzteres äußerst überzeugend dargestellt von meinem Sohn.

Nicht zu vergessen: Meine Frau war ja auch anwesend an diesem Abend und sah, ganz die erfahrene Sozialpädagogin, wieder etwas anderes: einen 10-Jährigen, der kompetent und kreativ mit seiner fünf Jahre jüngeren Schwester spielte, und eine 5-Jährige, die sich der komplexen Erzählstruktur und der Führung des Älteren anvertraute. Wie unterschiedlich wir doch ein und die selbe Situation erlebten!

Voraussetzungen für Reframing

Reframing setzt voraus, dass ich dem anderen eine positive Absicht unterstelle. Ich betrachte ihn liebevoll. Ich nehme an, dass jedes Verhalten:

  1. zielgerichtet ist,
  2. eine positive Absicht hat und
  3. zielführend in mindestens einem Zusammenhang ist.

Oder anders ausgedrückt: Jedes Verhalten ist oder war zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation für etwas gut. Das beinhaltet natürlich auch, dass ein Verhalten zu einem andern Zeitpunkt und in einer anderen Situation eher hinderlich als förderlich ist. Denn wenn ich das laute Spiel meiner Kinder jetzt positiv sehe, so heißt das doch nicht, dass ich darauf verzichte, weiterhin mit ihnen auch Ruhe und Zuhören zu üben.

Fotos eines unordentlichen Kinderzimmers. Text: Kinder sind Experten für Abenteuer

Wenn ich Reframing einsetze, heißt das nicht, jede unangenehme Situation umzudeuten und jedem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Eltern sollten meines Erachtens das Heft in der Hand behalten – mehr zur elterlichen Präsenz demnächst in einem weiteren Blogpost.

Wie geht Reframing konkret?

Der erste Schritt ist, dass ich, wie oben beschrieben, im Verhalten (des anderen oder bei mir) eine positive Absicht annehme. Ich verändere also meine innere Haltung. Der zweite Schritt ist dann ganz konkret mich zu fragen: Wofür ist das gut?

Wofür ist das gut?

„Klar, toben und spielen ist natürlich für was gut – für körperliche und geistig Entwicklung oder so“, sagt jetzt der aufgeklärte Vater, bevor er fortfährt: „Aber manche Angewohnheiten sind einfach nur lästig. Dafür finde ich beim besten Willen keine positive Erklärung.“ Meine Antwort: Ist auch gar nicht notwendig. Es ist zumindest nicht notwendig eine Erklärung zu finden, die erklärt, wie und wieso es dazu gekommen ist. Beim Reframing dürfen Sie fantasieren, was das Zeug hält. Es gilt vielmehr eine neue, hilfreiche Beschreibung zu erfinden. Und ja, die darf sogar lustig sein.

Lachen erlaubt

Apropos lustig: Witze sind oft nichts anderes als ein Reframing. Als Beispiel ein Klassiker: Ein Tourist quält sich in den Alpen den Berg hinauf. Als er einen Einheimischen trifft, sagt dieser: „Grüß Gott.“ Darauf der erschöpfte Wanderer: „Oh nein, soweit steig ich nicht mehr hoch.“

Das Reframing ist verständlich: Der Tourist deutet das „Grüß Gott“ nicht als den gebräuchlichen Gruß, sondern nimmt es wortwörtlich.

Grenzen von Reframing

Es gibt auch Grenzen fürs Reframing. Dabei ist das nicht so sehr die Frage ob bestimmte Themen wie Trauer nicht fürs Reframing geeignet sind, sondern eher nach dem Wie und Wann. Ein Beispiel: Die erste Freundin hat sich vom Sohn getrennt und dieser versinkt im Liebeskummer. Wie schnell sind manche Erwachsene dabei zu vertrösten oder abzuwiegen, in der vermeintlich guten Absicht dem Kind Schmerz und Trauer zu ersparen.

Doch „Das wird schon wieder“ oder „andere Mütter haben auch schöne Töchter“ wirkt gerade zu Beginn eher verletzend. Der Trauernde – und Liebeskummer ist eine Art des Trauerns – fühlt sich schlichtweg weder gesehen noch in seiner Trauer angenommen. Trauern ist ein Prozess und der lässt sich nicht abkürzen. In einem frühen Stadium des Trauerns ist vor allem ein liebevolles und verständnisvolles Annehmen hilfreich.

Das Timing zählt

Mit Abstand kann der Trauernde dann zu einer Erkenntnis kommen und das Erlebte neu deuten – ein verbreitetes Reframing lautet ja: „Wie gut, dass das mit uns nicht geklappt hat, sonst wäre ich mit meiner neuen Freundin nicht zusammen.“ Das heißt: Fürs Reframing ist der Zeitpunkt entscheidend.

Reframing heißt: Sinn geben

Zusammengefasst bedeutet Reframing also den Dingen einen Sinn zu geben – und zwar einen positiven Sinn. Der Sinn muss dabei nicht im logischen Sinne Sinn machen. Es darf auch kreativ, verdreht und humorvoll sein. Ja, ich bin überzeugt: Je witziger, desto hilfreicher.

Und jetzt Sie!

Probieren Sie es aus! Wichtig beim Reframing ist wie bei allen Methoden: Schauen Sie, wie es Ihnen damit geht! Hilft es? Oder wirkt es eher aufgesetzt? Wenn Sie sich unwohl fühlen, dann versuchen Sie lieber etwas anders! Es soll helfen und Ihnen eine neue Möglichkeit geben, Herausforderungen leichter zu bewältigen.

Foto: inkje / photocase.de; Christopher End

Freunde gewinnen – oder: von Kindern lernen

Ich habe nicht nur am Wochenende Zeit für meine Kinder. Nein, auch unter der Woche bin ich für sie da, hole sie vom Kindergarten ab, spiele, zeichne, erzähle und koche mit ihnen. Sie erstaunen mich immer wieder. Wie letztens meine Tochter, als sie mir zeigte, dass es so einfach ist: Freunde finden!

„Hier arbeitet Maria“, ruft meine fünfjährige Tochter frohgelaunt auf dem Weg zum Kindergarten.
„Welche Maria?“, frage ich und schau zu dem Haus, an dem wir gerade vorbei radeln.
„Die aus der Bahn“, lautet die Antwort.
„Ach, die mit dem Kind. Wie hieß das noch mal?“, frage ich glücklich, den Namen einordnen zu können. Meine Tochter und meine Frau haben auf der morgendlichen Bahnfahrt eine andere Mutter und Tochter kennengelernt – so viel weiß ich.
„Weiß nicht. War so ein komischer Name“, antwortet meine Tochter.
„Amelie! Stimmt’s?“, werf ich erleichtert ein.
„Ja. Aber Amelie ist nicht ihr Kind“, erklärt sie mir.
„Ich dachte das wäre Mutter und Tochter“, erwidere ich etwas verwirrt.
„Nein, die Mama heißt anders. Maria ist eine andere Frau“, klärt sie mich auf.
Oh, da lag ich wohl falsch. Ich versuche trotzdem weiter Licht ins Dunkel zu bringen: „Und woher kennt ihr jetzt Maria?“
„Aus der Bahn!“
Da waren wir doch schon mal, denk ich, atme einmal tief durch und frage weiter:
„Und wie habt ihr Maria kennen gelernt?“
„Ich habe „hallo“ gesagt“, lautet die alles erklärende Antwort.
„Und was ist dann passiert?“, bohr ich weiter. Jetzt will ich es wissen.
„Sie hat gefragt, ob wir Freunde sein wollen“, berichtet mein Kind und erklärt: „Da habe ich überlegt und dann gesagt: „Ist gut.““

Tja, so einfach geht das mit dem Freunde kennen lernen.
Es geht tatsächlich genau so einfach: „Hallo“ sagen ist der erste Schritt zur Freundschaft. Du findest jemanden nett oder interessant? Sag „Hallo“ und schau was passiert!

 

Übung: Menschen ansprechen

Fremde Menschen anzusprechen ist dir noch zu aufregend? Dann hab ich eine kleine Übung für dich: Das nächste Mal, wenn du irgendwo mit anderen Menschen warten musst, sei es auf den Bus oder in der Schlange an der Supermarktkasse, sprich jemand an. Irgend jemand. Jemand, der vor dir, hinter dir oder neben dir steht. Die Verkäuferinnen und Verkäufer sind übrigens (in der Regel) dankbare Übungspartner: Beim Bezahlen ist zwischen „Hallo“, „Bitte“, „Danke“ und „Tschüss“ immer noch Platz für einen netten Satz. Es geht nur darum, immer wieder einen freundlichen Satz zu sagen. Mehr nicht. Du wirst sehen, es ändert sich etwas: Es fällt dir von mal zu mal leichter. So trainierst du ein klein wenig dein Selbstsicherheit, du legst die Scheu vor anderen Menschen ab und übst nebenbei deine Schlagfertigkeit. Vor allem: Es macht Spaß!

Ach ja: Dabei lächeln hilft. Und wie die Kinder sich einfach freuen, dass wir für einen kurzen Moment eine Brücke zu einem anderen Menschen geschlagen haben, dass wir jemand begegnet sind. Es muss ja nicht immer gleich eine Freundschaft fürs Leben werden.

Foto: unsplash.com / Anoir Chafik (CC0 Lizenz)